Sind Sie oft gestresst? Jeder hat mal Stress. Ursprünglich sollte Stress den Menschen in Alarmbereitschaft versetzen und so vor gefährlichen Situationen schützen. Heute fürchten wir in der Regel nicht mehr ständig um unser Leben, aber es gibt Auslöser im Alltag. Wird der Stress zum Dauerstress und der Körper kann die ausgeschütteten Stresshormone nicht wieder abbauen, dann befindet sich der Körper in einem chronischen Anspannungs- und Aktivierungszustand, der für die Gesundheit gefährlich werden kann. Wie können Sie Stress reduzieren und Resilienz aufbauen? Wie können Krisen und Ereignisse im Leben eines Menschen, wie Jobverlust, Scheidung, schwere Krankheit, Unfälle oder Verluste gemeistert werden?
Resilienz erlernen und entwickeln
Resilienz bezeichnet allgemein die Fähigkeit eines Menschen, mit belastenden Lebensumständen und negativen Stressfolgen erfolgreich umzugehen. Dabei handelt es sich um ein komplexes Zusammenspiel ganz unterschiedlicher Komponenten, die die individuelle Entwicklung und Persönlichkeit betreffen. Wie erlangt man Resilienz und damit die innere Stärke, die es einem ermöglicht, aus krisenhaften Lebensphasen gesund an Seele und Körper hervorzugehen? Resilienz kann gestärkt und gefördert werden. Der Grundstein dafür wird in der Kindheit gelegt. Wer als Kind Wertschätzung, Ermutigung und Unterstützung erfährt, ist im späteren Leben meist psychisch widerstandsfähiger. Aber auch im Erwachsenenalter lässt sich Resilienz noch verbessern. Allerdings braucht es Zeit, um eingefahrene Denk- und Handlungsmuster zu verändern.
Resiliente Menschen sind nicht unverwundbar. Statt zu resignieren, handeln sie aktiv, um ihre Lebensumstände und -situation zu gestalten und zu verbessern. Gehen Sie deshalb konstruktiv mit Krisen um, indem Sie sie verarbeiten. Reflektieren Sie nach jeder Krise.
Das Wissen um die eigenen Potenziale stärkt die Resilienz. Deshalb ist es wichtig, sich seiner Stärken bewusst zu sein. Besonders in Krisenzeiten. Die eigenen Stärken können durch eine Selbstreflexion über die eigenen Talente und Fähigkeiten entdeckt werden. Nehmen Sie sich bewusst Zeit und schreiben Sie auf, welche besonderen Fähigkeiten Sie haben und was Sie gut können. Dabei können auch Familie, Freunde, Bekannte und Kollegen helfen. Bewerten Sie nun Ihr Selbstwertgefühl und lesen Sie regelmäßig, welche Stärken Sie einzigartig und wertvoll machen. Eine Veränderung im Denken und Handeln geschieht sicher nicht von heute auf morgen, sondern ist ein Prozess. Jedes Problem ist auch eine Chance zu wachsen und zu lernen.
Resilienzfaktoren
Die Resilienzfaktoren, auch Säulen der Resilienz genannt, bestimmen die Resilienz einer Person und machen die Resilienz aus. In der Forschung wird kontrovers diskutiert, welche Resilienzfaktoren Resilienz ausmachen und welche nicht. Man spricht von „echten“ und „falschen“ Resilienzfaktoren. Manche Forscher sprechen auch von einem dynamischen Prozess. Kein Mensch würde resilient geboren. Erst in der Krise wachse die Resilienz.
Der Begriff Resilienz wurde in den 1950er Jahren von dem Psychologen Jack Block in die Psychologie eingeführt. Häufig wird der Begriff mit dem Namen der amerikanischen Entwicklungspsychologin Emmy Werner in Verbindung gebracht, die 1971 eine Studie über Kinder auf der Hawaii-Insel Kauai veröffentlichte.
Die „echten Resilienzfaktoren“
Folgende Resilienzfaktoren werden im Buch „The Resilience Factor: 7 Keys to Finding Your Inner Strength and Overcoming Life's Hurdles“ von den amerikanischen Wissenschaftler Dr. Karen Reivich und Dr. Andrew Shatté genannt:
Optimismus
Ist das Glas halb voll oder halb leer? Optimisten erwarten positive Ergebnisse und vertrauen auf ihre eigenen Kompetenzen und Fähigkeiten. Resiliente Menschen erwarten mehr positive als negative Erfahrungen. Diese Haltung unterstützt sie in Stress- und Krisensituationen, da sie auf ihre Bewältigungsfähigkeiten vertrauen. Deshalb schauen sie nach vorne und richten ihren Blick auf die Zukunft. Optimisten wissen, dass sie die Kraft haben, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen und dass auch negative Phasen irgendwann ein Ende haben.
Realistische Optimisten schätzen die Realität richtig ein, sind also nicht übertrieben optimistisch. Sonst werden Risiken und Erfolgsaussichten schnell falsch eingeschätzt und Fehlentscheidungen getroffen.
Emotionssteuerung
Resiliente Menschen haben ihre Emotionen und Gefühle weitgehend unter Kontrolle. Das bedeutet, dass sie auch in Stress- und Krisensituationen wissen, wie sie sich beruhigen können.
Impulskontrolle
Impulskontrolle ist die Fähigkeit, sich über einen längeren Zeitraum auf eine Aufgabe zu konzentrieren. Man lässt sich nicht leicht von Nebengeräuschen und Störungen ablenken und arbeitet diszipliniert. Menschen mit hoher Impulskontrolle haben eine klare Strategie, um Ziele zu erreichen. Zur Verbesserung der Impulskontrolle sollten konkrete Ziele und Zwischenziele gesetzt werden. Außerdem sollten Störungen möglichst minimiert werden, z.B. indem man sich nicht ständig von eingehenden Nachrichten und E-Mails ablenken lässt.
Empathie
Empathie beschreibt die Fähigkeit, sich aufgrund von beobachtetem Verhalten in die psychische und emotionale Situation einer anderen Person hineinzuversetzen. Empathische Menschen können nachempfinden, was andere fühlen, und verstehen, was andere zu bestimmten Handlungen und Meinungen bewegt.
Man unterscheidet zwischen emotionaler und kognitiver Empathie. Bei der emotionalen Empathie werden die Gefühle einer anderen Person geteilt. Dies geschieht zum Beispiel bei der Mutter und ihrem Kind. Bei der kognitiven Empathie werden die Gefühle und die Körpersprache einer Person eingeschätzt. Kognitive Empathie intensiviert Beziehungen und Freundschaften. Gerade in Krisensituationen hilft ein funktionierendes soziales Netzwerk enorm. Um Empathie zu üben, braucht es keine großen Gesten oder Geschenke. Schon kleine Gesten zeigen in vielen Beziehungen, dass man den anderen wahrnimmt.
Kausalanalyse
Im Leben gibt es Höhen und Tiefen. Jeder Mensch erlebt Freud und Leid. Auch mit Niederlagen und Fehlern sollte man sich sachlich auseinandersetzen und daraus lernen. In einer sachlichen Analyse sollte der eigene Anteil am Erfolg oder Misserfolg gesehen werden. Gerade wenig resiliente Menschen neigen oft dazu, Misserfolge und Rückschläge bei sich selbst zu suchen und Erfolge nur glücklichen Umständen oder dem Zufall zuzuschreiben.
Selbstwirksamkeitsüberzeugung
Der Glaube und das Vertrauen in sich selbst und in die eigene Kompetenz sind die Grundlage für diese Fähigkeit. Probleme, schwierige Aufgaben oder Herausforderungen können durch eigenes Handeln gelöst werden.
Zielorientierung
Statt sich von Zielen treiben zu lassen, setzen sich resiliente Menschen ihre Ziele selbst. Neugierig und überzeugt gehen sie die notwendigen Schritte selbstbewusst, gelassen und konsequent an.
Die „falschen Resilienzfaktoren“ / die 7 Säulen der Resilienz
Nachfolgende Faktoren werden gerne als „falsche Resilienzfaktoren“ bezeichnet. Jedoch gibt es neutral betrachtet kein richtig oder falsch. Die Faktoren hängen zusammen und ergänzen sich und sollten im Gesamtkontext gesehen werden.
Optimismus
Irgendwann ist selbst die schlimmste Krise vorbei. Das sollten Betroffene begreifen und „das Licht am Ende des Tunnels“ erkennen.
Akzeptanz
Leider spielt nicht immer das Leben das Lieblingslied. Akzeptanz bedeutet zu erkennen, dass Krisen Teil des Lebens sind und nicht alles beeinflussbar ist. Daneben gilt es auch bei Veränderungen loslassen zu können.
Lösungsorientierung
In jeder Herausforderung steckt auch eine Chance. Die Situation wird angenommen, man schaut nach vorne und sucht nach Lösungen.
Die Opferrolle verlassen
Bei diesem Faktor sollte einem bewusst werden, dass man nur selbst etwas ändern beziehungsweise ausrichten kann. Aktiv setzt man sich mit der bestehenden Situation auseinander.
Verantwortung übernehmen
Man zeigt Initiative und setzt sich aktiv für die Erreichung der eigenen Ziele ein. Dazu werden die die Konsequenzen für das eigene Tun übernommen.
Netzwerkorientierung
Resiliente Menschen schaffen sich ein Netzwerk und können in schweren Zeiten darauf zurückgreifen. Daneben scheuen sie sich nicht, Hilfe anzunehmen.
Zukunftsplanung
Konkrete, realistische Ziele werden gesetzt und diese verfolgt. Aktiv und bewusst bereitet man sich auf die Zukunft vor.
Praxisübungen
Gegen Stress und für den Aufbau der Resilienz gibt es einige Ansatzpunkte. Probieren Sie einfach mal aus, was Ihnen guttut und was Spaß macht.
Dankbarkeit
Resiliente Menschen nehmen die positiven Ereignisse stärker und bewusster wahr. Als passende Übung dazu können Sie jeden Abend vor dem Zubettgehen sich an die drei positiven Ereignisse des Tages erinnern. Welche Momente waren besonders? Worüber bin ich momentan glücklich? Über was können Sie dankbar sein?
Entspannungstechniken
Yoga ist einfach, effektiv und eigentlich jeder Mensch kann es praktizieren. Überall kann man es üben, ob daheim, im Yogastudio oder auf dem Berg. Die Praktiken des Yoga (Asana, Pranayama und Meditation) können in jeder Situation angewandt werden. Auch kann Yoga auf die individuelle Situation angepasst werden, auch bei gesundheitlichen und körperlichen Einschränkungen.
Daneben gibt es diverse Entspannungstechniken, die das Gefühl von Anspannung lindern und helfen, Achtsamkeit zu erlernen. Dazu zählen Meditation, Autogenes Training oder Tai Chi.
Arbeitsgewohnheiten und Auszeit
Für viele Menschen vergeht die Zeit wie im Flug. Tage, Wochen, Monate und Jahre vergehen wie im Flug. Auch mit Zeitmanagement können Sie die Zeit für sich nicht anhalten. Aber Sie können bei Ihren Arbeitsgewohnheiten und Ihrer Achtsamkeit ansetzen. Nehmen Sie sich bewusst Auszeiten am Tag und am Wochenende, in denen Arbeit und Alltagsstress möglichst keine Rolle spielen. Legen Sie Smartphone und Laptop bewusst für eine Weile beiseite und genießen Sie eine Tasse Tee, eine Runde Joggen an der frischen Luft oder einen Spaziergang im Wald. Regelmäßige Auszeiten stärken die Resilienz und geben Kraft für stressige Phasen. Genießen Sie die schönen Momente im Leben.
Multitasking
Oft möchte man alles sofort und gleichzeitig erledigen. Sei es vor dem Bildschirm zu essen, beim Joggen zu telefonieren oder während Telefonaten E-Mails zu lesen. Doch damit wird keine Zeit gespart, noch das Ergebnis wird verbessert. Multitasking ist ein Stressfaktor, der sich ausschalten lässt. Konzentrieren Sie sich auf das, was Sie tun und bringen Sie eine Aufgabe zu Ende, bevor Sie eine neue anfangen.