„Äußeres Tai Chi ist eine gute Entspannungstechnik, hat aber mit dem ursprünglichen Vorbild nur noch die Bewegungsabläufe gemeinsam und führt nicht zur Entwicklung der inneren Energie, der Qi-Kraft“, begründet Tai Chi-Meister Frieder Anders seine Entwicklung des „Inneren Tai Chi“ im Jahr 2005. Diese von ihm auch „Atemtyp-Tai Chi“ genannten Übungen würden hingegen das aufeinander abgestimmte Zusammenspiel von Geist, Atem und Bewegung berücksichtigen.
Bewegungen geistig vorwegnehmen
Der Geist übernehme dabei die führende Rolle und die Bewegungen vor ihrer tatsächlichen Ausführung vorweg, das Qi und der Körper folgen. Das Besondere am Inneren Tai Chi ist, dass nach der geistigen Vorwegnahme einer Bewegung bei der anschließend realen Ausführung keine willentliche Muskelkraft zur Entwicklung der nach außen wirkenden Kraft eingesetzt werden muss.
Auch die Neurobiologie hat schon lange herausgefunden, dass der Körper bereits vor der eigentlichen Bewegungsausführung auf die Vorstellung von Bewegung durch die Aktivierung von Nerven und Muskeln reagiert.
Unsere bedeutsame Kraftquelle Atem
Besonders am Inneren Tai Chi ist auch, dass es beide Atemtypen gleichzeitig berücksichtigt. Denn es gibt „Einatmer“ und es gibt „Ausatmer“. Soll heißen: Der eine bekommt seine Kraft mehr beim Ein-, der andere beim Ausatmen!
Das Atemtyp-Tai Chi berücksichtigt beide Atemtypen gleichberechtigt: den Einatmer, der seine Kraft aus dem Einatmen schöpft und dazu eine aufrechte Körperhaltung hat, und den Ausatmer, dessen Kraftquelle das Ausatmen ist und für den die optimale Körperhaltung der leicht nach vorne geneigte Rumpf ist.
Sie sind einer von zwei Atemtypen
Die Frage nach der persönlichen Atemtechnik beantwortet die Terlusollogie. Sie unterscheidet zwischen zwei konstitutionellen Typen, deren Organismus und Verhalten in Abhängigkeit von Sonne und Mond stehen. Die beiden Typen, solar und lunar, verhalten sich grundlegend verschieden in Atmung, Schlafverhalten, Körperhaltung, Motorik, Bewegungsbedürfnis und Stoffwechsel. Körperübungen helfen, den Unterschieden gerecht zu werden und typenbedingte Fehlhaltungen und deren Folgen abzubauen.
Den individuellen Atemtyp gilt es vor allem bei körperlicher Anstrengung zu beachten, bei der ja der Atem viel intensiver eingesetzt wird als in Ruhephasen. Der Einatmer oder lunare Typ schöpft seine Kraft aus dem aktiven Einatmen: Der Brustkorb weitet sich, die Energie steigt nach oben und gewinnt an Weite, das Ausatmen erfolgt danach passiv als Loslassen. Dabei bleibt die Brust wie in der Einatmungsstellung weit gestellt und sinkt nicht ein.
Der Ausatmer oder solare Typ hingegen atmet aktiv aus und gewinnt daraus seine größte Kraft. Die Flankenmuskulatur zieht sich zusammen, die Lunge und der Brustkorb verengen sich, das folgende passive Einatmen geschieht wie von selbst in den Unterbauch und das Becken hinein, die sich beide ausdehnen.
Ob Tai Chi mit oder ohne Berücksichtigung des Atemtyps – die „Asia Fitness“ ist für praktisch alle Menschen unabhängig vom Alter und Gesundheitszustand gleichermaßen geeignet. Sie erfordert keine besondere Ausrüstung, Diät oder Lebensweise und kann in den Alltag ohne große Aufwendungen integriert werden. Täglich einige Minuten Übung bringen Energie ohne Anspannung und Vitalität ohne Nervosität. Der Körper wird anmutig, leicht und frei beweglich.
Nicht umsonst sagt ein chinesisches Sprichwort: „Wer Tai Chi regelmäßig übt, erlangt die Geschmeidigkeit eines Kindes, die Gesundheit eines Holzfällers und die Gelassenheit eines Weisen.“
Haltung bewahren – Die gesundheitlichen Auswirkungen von Tai Chi
Neben den zeitlupenartigen Bewegungen ist die Haltung der Wirbelsäule ein Hauptkennzeichen von Taiji. Durch leichtes Beugen der Beine und ein Absenken des Bekcens kann sie ständig aufrecht getragen werden. Steißbein und Scheitelpunkt befinden sich in einer Linie, so dass die Wirbel balanciert werden wie ein Stapel Teller. Oberkörper und Schultern bleiben entspannt.
Auch die westliche Medizin hat dieser Übung eine bedeutende Stärkung des zentralen Nervensystems mit positiver Auswirkung auf den gesamten Organismus zuerkannt. Die Konzentrationsfähigkeit wird gesteigert, innere Ruhe und Ausgeglichenheit gefördert, Muskeln werden geschmeidiger, Reflexe und Beweglichkeit verbessern sich.
Die Freude an den Übungen wirkt positiv auf das Nervensystem und die Sinnesorgane. Schmerzen, Schlaflosigkeit, Mattigkeit, Nervosität, Verspannungen und vielfältige funktionelle Störungen, die oft mit einer nervösen Erschöpfung auftreten, verschwinden bzw. werden gelindert. Auch körperliche Krankheiten, besonders zur Chronifizierung neigende, werden in manchen Fällen zumindest gebessert.
Übung: „Das Gute heran, das Schlechte weg“
Bei dieser Übung stehen die Füße schulterbreit auseinander, die Knie sind leicht gebeugt. Halten Sie sich aufrecht und atmen Sie tief und ruhig ein. Heben Sie jetzt die Hände im Abstand von 35 cm vor dem Körper bis zur Brust an. Die Arme werden dabei nicht gestreckt. Dann bewegen Sie eine Hand nach vorne, als würden Sie etwas wegschieben. Die andere Hand wird gleichzeitig an die Brust herangezogen. Jetzt umgekehrt. Führen Sie den ganzen Bewegungsablauf fünf- bis zehnmal aus und Sie werden merken, wie ausgeglichen Sie sich danach fühlen.
Übung: „Die Acht Prinzipien“
Die Übung fördert die Beweglichkeit und die Kraft der Wirbelsäule. Einige Prinzipien spielen bei der Übung eine große Rolle, wie Yin und Yang (fördert die Balance zwischen den zwei entgegengesetzten Kräften in der Natur) und die Entspannung des Körpers und des Geistes. Die Übung wird aus der Mitte des Körpers heraus ausgeführt, um eine stabile und kraftvolle Haltung zu gewährleisten. Sie fördert die Verbindung zwischen den Füßen und dem Boden, um eine stabile Basis zu schaffen. Daneben wird sie in einer natürlichen Haltung ausgeführt, um die Beweglichkeit und die Gesundheit des Körpers zu fördern. Mit der Übung wird Atem und Bewegung verbunden, um eine harmonische und fließende Bewegung zu ermöglichen.
Gestartet wird in der Grundposition. Atmen Sie nun ein und heben Sie die Arme vor den Körper, die Handflächen zeigen nach oben. Atmen Sie aus und senken Sie die Arme zur Seite. Atmen Sie ein und drehen Sie sich zur Seite, die Handflächen nach unten. Atmen Sie aus und drehen Sie sich zurück zur Mitte. Wiederholen Sie die Bewegung auf der anderen Seite. Dreimal sollten Sie die Übung wiederholen. Führen Sie die Übung in einem langsamen, fließenden Tempo aus. Achten Sie darauf, dass Ihr Rücken gerade ist und Ihre Schultern entspannt sind.
Übung: „Das goldene Huhn steht auf einem Bein“
Diese Übung fördert die Balance und die Stabilität. Sie erfordert ein hohes Maß an Gleichgewicht, Koordination und Konzentration. Diese Übung ist auch unter verschiedenen Namen bekannt, darunter „Einbeiniges Stehen“ oder „Storch steht auf einem Bein“.
Beginnen Sie in einer aufrechten Position mit den Füßen etwa schulterbreit voneinander entfernt. Heben Sie ein Bein leicht an, indem Sie das Knie beugen. In den meisten Fällen wird das rechte Bein zuerst angehoben. Ihr Fuß sollte etwa knapp unterhalb des Knies auf Ihrem Oberschenkel ruhen. Balancieren Sie Ihr Gewicht nun auf dem verbleibenden Standbein. Stellen Sie sicher, dass Ihre Schultern entspannt sind, dass Ihr Körper aufrecht bleibt und Ihr Rücken gerade ist. Ihre Hände halten Sie mit den Handflächen nach unten, die Hände vor der Brust oder in einer anderen geeigneten Haltung. Konzentrieren Sie sich auf Ihren Atem und versuchen Sie, ruhig und gleichmäßig zu atmen. Ihr Blick sollte auf einen festen Punkt gerichtet sein, um Ihr Gleichgewicht zu unterstützen. Diese Position nun für eine angemessene Zeit halten (für mehrere Atemzüge oder länger). Senken Sie das angehobene Bein sanft und kehren Sie zur aufrechten Position zurück. Wiederholen Sie die Übung auf der anderen Seite, indem Sie das andere Bein anheben.