Die Yamswurzel – in Deutschland vor allem Lichtwurzel genannt – stammt ursprünglich aus China. Dort wird die Dioscorea batata schon seit Jahrhunderten als Medizin- und Nahrungspflanze kultiviert. Um das Jahr 1840 wurde die Lichtwurzel auch in Europa eingeführt – während der Kraut- und Knollenfäule als Kartoffelersatz eingeführt. Doch wegen des vergleichsweise aufwendigeren Aubaus hat sich die Knolle nicht durchsetzen können. In China und Japan ist die Yamswurzel als Gemüse heute weitaus bekannter als in Deutschland, wobei sie auch dort mehr zu medizinischen Zwecken angebaut wird.
Rudolf Steiner, Antrophosoph und Reformpädagoge, erwähnte die Lichtwurzel als zeitgemäßes Nahrungsmittel für den Menschen und Alternative zur Kartoffel. Die Pflanze soll laut Steiner eine ganz besondere Eigenschaft haben: die Fähigkeit besitzen, so genannte Lichtenergie zu binden („Lichtäther“), in der Wurzelknolle zu speichern und so dem Menschen in der Nahrung zur Verfügung zu stellen. Der Mensch benötige Lichtäther als Nahrungsqualität, betonen die Antrophosophen. Die Bedeutsamkeit der Lichtwurzel ergebe sich daraus, „dass unsere Nahrungsmittel immer lebenskraftärmer und unsere Sinne immer mehr korrumpiert werden“. Der physiologische Lichtstoffwechsel, also die Möglichkeit, Licht aus der Nahrung frei zusetzen, werde dadurch zunehmend erschwert. Hier kann die Anwendung und der Verzehr von Lichtwurzelprodukten einen guten Ausgleich schaffen, so die Auffassung der Demeter-Leute.
Durch den Verzehr wirke die Knolle mit ihren Lebensströmen den immer weiter fortschreitenden Verhärtungstendenzen im menschlichen Körper entgegen, sagt die anthroposophische Ärztin (und Leiterin des Andreashofs in Überlingen) Cornelia Hahn. „Daher ist sie gerade für Menschen in hochzivilisierten Ländern sehr gesund und belebend. Sie spendet Kraft und fördert das freie Strömen der Lebenskräfte im Körper.“ In der chinesischen Medizin wird berichtet, dass die Dioscorea batata Eigenschaften besitzt, die bei regelmäßiger Einnahme den Geist heben, den Intellekt aufhellen und die Langlebigkeit fördern sollen. Auch soll die Lichtwurzel die Zirkulation der Chi-Energie in den Meridianen verbessern und stimulieren.
Inhaltsstoffe der Lichtwurzel
Auch aus wissenschaftlicher Sicht weist die Lichtwurzel interessante Inhaltsstoffe auf. So enthält sie unter anderem das Pflanzenhormon Diosgenin, das im Körper in Progesteron umgewandelt werden kann. Progesteron ist wie Östrogen ein weibliches Geschlechtshormon und gilt nach neueren Erkenntnissen als Hilfe bei Befindlichkeitsstörungen in den Wechseljahren.
Die Yamknolle enthält pro 100 g: 99 kcal (420 kJ), 0,1 g Fett, 2,0 g Eiweiß, 22,4 g Kohlenhydrate (1,9 BE), 110 µg Zink und 0,6 mg Niacin.
Laut Anthroposophin Hahn wirkt die Wurzel harmonisierend, verdauungsfördernd, entwässernd, appetitanregend sowie verjüngend und blutzuckersenkend. „Ganz allgemein stärkt sie auch das Immunsystem.“ Die Wurzelknolle enthält aber auch zahlreiche Inhaltsstoffe, die für die menschliche Nahrung unentbehrlich sind. Sie verfügt im Vergleich mit der Kartoffel über ungefähr die tausendfache Menge an Vitamin A, mehr Eisen, mehr Kalzium, mehr Vitamin C, über Aminosäuren, Saponine, Polysaccharide und bisher 31 nachgewiesene Spurenelemente.
In der Küche ist die geschmacksneutrale Lichtwurzel ähnlich wie die Kartoffel zu verwenden. Sie kann als Rohkost verwendet werden, lässt sich aber auch braten und kochen, grillen und frittieren. Der beim Schneiden auftretende Schleim ist artspezifisch und verschwindet durch Erhitzen. In Süddeutschland beschäftigen sich die Mitarbeiter des Andreashofs in Überlingen-Deisendorf und des St. Michaelshofs in Aichstetten-Laubegg, die beide nach der biologisch-dynamischen Anbaumethode wirtschaften, seit einigen Jahren mit der Pflanze. An beiden Höfen wird Pionierarbeit geleistet: „Ein Schwerpunkt unserer Arbeit ist die Entwicklung einer für die europäische Bio-Landwirtschaft möglichen Kultur- und Erntemethodik für die Lichtwurzel“, zitierte der „Südkurier“ in einem Artikel im Jahr 2007 die Leiterin des Andreashofs.
Anbau und Ernte ist herausfordernd
Da die Pflanze bis über einen Meter in die Erde wächst, ihre Wurzeln sich mit zunehmender Tiefe verdicken und sie darüber hinaus bis zu 15 Meter lange Ranken bildet, stellt sie im Anbau und bei der aufwändigen Ernte eine Herausforderung dar. Deshalb entwickelten die Mitarbeiter des Hofs Pflanzgefäße, Geräte und Werkzeuge, um Anbau und Ernte zu vereinfachen. Außerdem studieren sie das Wuchsverhalten und die Wachstumsbedingungen der außergewöhnlichen Pflanze. Hahn: „Wir betreiben überdies ein Labor, um die Boden- und Pflanzenqualität während des Wachstums und der weiteren Verarbeitungsprozesse beobachten und kontrollieren zu können.“ Vier bis sechs Tonnen Wurzelknollen wurden bisher jährlich geerntet. Ob sich der Anbau der vielseitig verwendbaren Lichtwurzel überhaupt rentiert, wird sich in den nächsten Jahren erst zeigen. Noch muss vor allem die Kultivierung während der neunmonatigen Vegetationszeit optimiert werden. Auf alle Fälle wollen die Mitarbeiter des Andreas- und des St. Michaelshofs versuchen, das Wurzelgemüse ähnlich wie einst die Kartoffel oder Tomate heimisch zu machen.