Ein Prozent aller Menschen stottert, etwa 800.000 sind es allein in Deutschland. Die Redeflussstörung beginnt fast immer im Kindesalter zwischen zwei und fünf Jahren. Meist handelt es sich um ein zeitweiliges frühkindliches Stottern, das sich spätestens bis zur Pubertät wieder legt.
Kein unabänderliches Schicksal
Überdauert es jedoch die Pubertät, dann bleibt das Stottern in der Regel ein Leben lang. Stottern ist eine Unterbrechung des Redeflusses durch auffällige Blockaden, Wiederholungen oder Dehnungen. Der Stotternde möchte etwas sagen und kann es nicht fließend aussprechen. Betroffene reagieren auf das eigene Stottern mit einem Vermeidungsverhalten oder der Taktik des Verschleierns mit dem Einbau von Füllwörtern. Stottern ist kein unabänderliches Schicksal, bei der das Sprechen an sich weitgehend gemieden werden soll, was bis zu einem totalen gesellschaftlichen Rückzug und einer Isolation führen kann.
Mögliche Ursachen
Die Sprechbehinderung tritt in allen Kulturen und Schichten überall auf der Welt auf. Die genauen Ursachen des Stotterns sind noch nicht vollständig bekannt. Als Ursache des Stotterns wird eine Störung im Sprechablauf angenommen, eine Fehlfunktion in der Zusammenarbeit der linken und rechten Gehirnhälfte, die wahrscheinlich genetisch bedingt ist. Neben der Veranlagung zum Stottern kommen oft auslösende und aufrechterhaltende Faktoren hinzu. Angst und Vermeidung können das Stottern aufrechterhalten und sogar verstärken.
Gewisse Vorurteile schaden den Betroffenen. Immer noch wird Stottern häufig mit mangelnder Intelligenz, extremer Schüchternheit, Nervosität oder psychischen Störungen verbunden. Doch an diesen Vorurteilen ist nichts dran. Stotternde Kinder und ihre Eltern unterscheiden sich in ihrer Persönlichkeit und ihrem Umgang miteinander nicht von der übrigen Bevölkerung.
Behandlung und Hilfe
Behandelt werden kann die Sprechbehinderung. Eine seriöse Stottertherapie kann bei Kindern und Erwachsenen nachhaltige Erfolge erzielen. Erwachsene sollten stotternden Kindern zuhören und Zeit geben. Vermeintlich gute Ratschläge setzen das Kind nur unter Druck. Ergänzen Sie die Wörter oder Sätze des stotternden Kindes nicht, geben Sie dem Kind die Zeit, bis zu Ende auszusprechen.
Bei der Therapie ist ein guter Ansatzpunkt ein offener, möglichst selbstbewusster Umgang mit Stottern. Damit können sich Betroffene vor sozialer Ausgrenzung und Isolation schützen. Viele Menschen wissen gar nicht, wie Sie sich im Gespräch mit Stotternden verhalten sollen. Nach der Empfehlung der Bundesvereinigung Stotterer-Selbsthilfe e.V. (BVSS) sollte man hierbei einander ruhig zuhören, lockeren Blickkontakt halten und jeden seine Sätze selbst zu Ende bringen lassen. Wer stottert weiß genau was er sagen will – er kann es nur nicht flüssig aussprechen. Das oft als Hilfe gemeinte Vervollständigen von Wörtern und Sätzen ist deshalb kontraproduktiv und kann die Stottersymptomatik sogar verstärken.
Stottertherapie
Stottern lässt sich gut behandeln, benötigt aber Zeit. Sowohl bei Kindern, bei Jugendlichen und auch im fortgeschrittenen Alter ist es möglich, den Redefluss nachhaltig und deutlich zu verbessern. Eine gute Stottertherapie trägt in den meisten Fällen zu einer äußerst positiven Veränderung der Sprechweise bei. Zusätzlich kann sie typische Begleitsymptome des Stotterns wie Vermeidungsverhalten und Sprechangst günstig beeinflussen und das Selbstwertgefühl erheblich steigern. Stottertherapien werden, unabhängig vom Alter des Patienten, in verschiedenen Formen angeboten. Einzeltherapien werden ausschließlich ambulant angeboten. Gruppentherapien können sowohl ambulant als auch stationär durchgeführt werden.
Bei der Therapie gibt es zwei Hauptrichtungen. Eine davon ist die Veränderung der Sprechweise. Hier lernt der Patient spezielle Sprechtechniken, die ihm dabei helfen, das Auftreten von Sprechunflüssigkeiten zu verhindern. Das Erlernen der Techniken ist sehr zeitintensiv. Ziel der anderen Methode ist die Veränderung der eigenen Reaktionen beim Auftreten von Sprechunflüssigkeiten. Der Patient lernt eine akute Situation, in der Stottern bei ihm auftreten kann, frühzeitig zu erkennen und abzuwenden oder sie mit Hilfe spezieller Techniken zu mildern.
Unterstützung in der Selbsthilfegruppe
Die Bundesvereinigung Stotterer-Selbsthilfe e.V. macht Betroffenen Mut, egal welchen Alters. Neben der Aufklärungsarbeit gibt es die Möglichkeit mit anderen Betroffenen Erfahrungen und Tipps auszutauschen.