Die Atmung beschreibt den Vorgang, bei dem die Luft durch den Mund oder durch die Nase in den Körper strömt. Verstanden wird im allgemeinen Sprachgebrauch die Lungentätigkeit. Mit jedem Atemzug strömt etwa ein halber Liter Luft durch die Bronchien in die Lunge. Die Lungenbläschen sind von einem feinen Netz aus Blutgefäßen umsponnen, die Kohlendioxid an die Luft abgeben und dafür Sauerstoff aufnehmen. Auf dem Blutweg gelangt der Sauerstoff in die Gewebe und Organe des Körpers.
Ein Erwachsener in einem Ruhezustand atmet durchschnittlich 18 mal pro Minute das sind rund 26.000 mal am Tag. Die meisten Menschen atmen zu flach. Dadurch fehlt es ihnen an Sauerstoff und der Stoffwechsel und die Zellfunktionen können nicht optimal arbeiten. Die meisten Atemzüge laufen unwillkürlich ab. Dabei ist es ab und zu durchaus sinnvoll, bewusst zu atmen.
Tief atmen, das ist das A und O aller Krankenbehandlung, denn viele Menschen kommen in einer atemlosen Zeit kaum dazu, richtig zu atmen. Stress und die Hektik des Alltags lassen das richtige Atmen oft zu kurz kommen. Anstatt sich nur damit zu begnügen, Luft zu schnappen, erzielt eine gesunde Atmung eine ganzheitliche Wirkung auf den gesamten Organismus.
Veränderung des Atemmusters
Bereits feinste Seelenregungen können sich in einer Veränderung des Atemrhythmus auswirken. Bei Zeitdruck, psychischen Belastungen, Ärger, Freude und positiver Aufregung tritt eine belebende Beschleunigung des Atems ein, im Leid und in der Sorge eine Hemmung. Traurige Menschen atmen langsam und schwer und seufzen dazwischen. Frohe und glückliche Naturen atmen schnell und leicht, gedankenvolle Menschen vergessen oft eine Zeitlang zu atmen.
Folgen falscher Atmung
Finden Belastungen über einen längeren Zeitraum statt und werden diese nicht ausreichend mit Sport und Entspannung ausgeglichen, dann kann durch falsche Atmung die Sauerstoffversorgung des Körpers durcheinander gebracht werden. Man gerät „außer Atem“.
Wer auch zu flach und zu hastig Luft holt und sie wieder ausstößt, atmet falsch. Die Atmung erfüllt dann nicht ihre Aufgabe: Statt Lungen und Blutkreislauf mit Sauerstoff zu versorgen, wird nur verbrauchte Luft in den Atemwegen hin- und hergeschoben. Das hat Folgen für das körperliche und seelische Wohlbefinden. Strömt der Atem dagegen befreit durch, können 70 Prozent aller Giftstoffe aus dem Körper ausgeschieden werden, was andere Entgiftungsorgane wie Haut, Harnwege und Dickdarm merklich entlastet.
Mit einer falschen Atmung wird auch das Herz stärker belastet, denn es muss stärker pumpen, damit genügend Sauerstoff in sämtliche Körperregionen gelangt. Folgen können Müdigkeit, Verspannungen und Konzentrationsschwäche sein.
Den Atem erfahren
Atem ist für uns als Bewegungsvorgang durch die Atembewegung erfahrbar. Das Atemzentrum registriert den Gehalt von Sauerstoff und Kohlendioxid im Blut und reagiert entsprechend. Es leitet Impulse über dazu bestimmte Nerven an das Zwerchfell als Hauptatemmuskel und an die Atemhilfsmuskulatur weiter. Auf diese Weise angeregt, senkt sich das Zwerchfell nach unten und leitet die Einatmung ein. Brustkorb und damit auch die Lungen weiten sich, Atemluft strömt ein. Sobald wieder genug Sauerstoff im Blut vorhanden ist, schwingt das Zwerchfell in die Ausgangslage zurück.
Dieser Vorgang geschieht in der Regel unbewusst. Im Gegensatz zu allen anderen Kreaturen sind wir als Menschen aber auch in der Lage, bewusst, das heißt willkürlich aber auch begrenzt auf den Atemablauf einzuwirken.
Atemtherapie
Bei der Atemtherapie wird zwischen der klinischen Atemtherapie und dem meditativen, ganzheitlichen Zugang unterschieden. Die klinische Atemtherapie beschäftigt sich mit Krankheiten, Funktionsstörungen und Training von Lunge und Stimmapparat. Die ganzheitliche Atemtherapie ist hingegen eine Methode der Selbsterfahrung und Selbsterforschung. Durch die Atmung wird der Körper von innen wahrgenommen und in seiner Ganzheit angesprochen. Beeinflusst wurden die ganzheitliche Atemtherapie von den Lehren von Ilse Middendorf und Cornelis Veening.
Beim „Erfahrbaren Atmen“ geht es darum, den Atem bewusst wahrzunehmen, ihm nachzuspüren und sich seiner rhythmischen Bewegung zu überlassen. Körperbereiche, die bislang einer bewussten Wahrnehmung entzogen waren, werden wiederbelebt. Blockaden und Verspannungen werden deutlich und können sich lösen.
Aufgaben der Atmung
- Sicherstellung der Sauerstoffversorgung für unsere Organe und Gewebe.
- Ausscheidung von Abfallstoffen, die unser Körper nicht mehr benötigt.
- Atmung und Kreislauf sind miteinander verknüpft. Eine kräftige Bewegung des Zwerchfells bei der Bauchatmung sorgt für eine gute Belüftung der Lungen und fördert den Rückstrom von venösem Blut aus dem Bauchraum zum Herzen.
- Atmung und Stimme sind eng verbunden, eine gute Atemtechnik ist daher die Grundvoraussetzung für richtiges Sprechen und Singen.
Atmungsarten
Schulteratmung bzw. Schlüsselbeinatmung
Bei der Schulteratmung, die auch Hoch- oder Stressatmung genannt wird, werden beim Tief-Luft-Holen die Schultern hochgezogen, und beim Ausatmen werden sie wieder gesenkt. Als Folge verspannt sich die Halsmuskulatur und drückt auf den Kehlkopf. Die Schulteratmung zählt zu den schlechtesten Atmungsformen, weil mit sehr viel Energie relativ wenig Luft bewegt wird.
Bauchatmung bzw. Zwerchfellatmung
Diese Atmungsart ist besser als die Schulteratmung und beruht auf einer Anspannung des Zwerchfells beim Einatmen, wodurch die Lunge sich ausdehnen kann und einer Entspannung beim Ausatmen, wobei die Lunge zusammengepresst wird.
Flankenatmung
Die Flankenatmung ist eine Mischform aus Bauchatmung und Brustatmung. Bei der Atmung weitet sich der Brustkorb seitlich nach rechts und links, erweitert die Lungen an den Seiten und gibt dem Herzen Raum.
Kombinierte Zwerchfell-Flanken-Atmung
Diese Atmungsart gilt als vollkommene Art zu atmen. Bei dieser wird die Brust zu allen Seiten gedehnt und das Zwerchfell optimal eingesetzt. Sie garantiert das größte Atemvolumen, was besonders für Sänger und Sprecher wichtig ist.
Atemübungen
Mit ein paar Übungen können Sie Ihre Atemtechnik verbessern.
Aufrecht hinsetzen
Setzen Sie sich gerade hin und atmen Sie bewusst gleichmäßig durch die Nase ein und aus. Dabei strömt die Luft, im Gegensatz zur Mundatmung, bestens vorbereitet in die Lunge. Sie fördern dadurch die Zwerchfellatmung. Achten Sie auch beim Sprechen darauf, durch die Nase zu atmen – nicht durch den Mund.
Rhythmisch atmen
Empfehlenswert ist eine Kombination aus den drei Schritten: Einatmen – Ausatmen – Atemruhe. Zählen Sie beim Einatmen bis drei und in der Ruhephase noch einmal bis drei. Konzentrieren Sie sich auf das Ausatmen: Plötzlich werden Sie spüren, dass der Reflex zum Einatmen ganz von selbst kommt, angeregt vom Zwerchfell. Sie entdecken, dass sich der Brustkorb nach allen Seiten hin weitet, nicht nur nach oben hin, sondern auch hinein in die Flanken.
Bauchatmung
Legen Sie in Rückenlage Ihre Hände so auf den Bauch, dass sich Ihre Fingerspitzen berühren. Atmen Sie bewusst in den Bauch hinein ein und fühlen Sie, wie er sich dabei verwölbt. Dabei wandern die Fingerspitzen langsam auseinander. Beim Ausatmen wird der Bauch flacher und die Fingerspitzen begegnen sich wieder. Versuchen Sie, die Phase des Ausatmens zu verlängern, ohne dafür Kraft aufzuwenden. Der Brustkorb weitet sich nach allen Seiten.
Wechselatmung
Setzen Sie sich bequem hin. Klappen Sie Zeigefinger und Mittelfinger der rechten Hand an den Daumenballen (sogenannte Fingerhaltung nennt sich Vishnu Mudra). Atmen Sie tief ein, entspannen Sie sich, schließen Sie die Augen und atmen Sie wieder aus. Nun verschließen Sie mit dem Daumen das rechte Nasenloch und atme auf der linken Seite ein, während Sie bis vier zählen. Verschließen Sie nun mit der Fingerhaltung beide Nasenlöcher und halten Sie die Luft für acht Sekunden an. Öffnen Sie nun das rechte Nasenloch und atmen Sie ruhig aus, während Sie bis sechs zählen. Halten Sie das linke Nasenloch verschlossen und atmen Sie rechts wieder ein, während Sie bis vier zählen. Den Vorgang wiederholen Sie einige Male folgendermaßen: Abwechselnd auf einem Nasenloch aus- und einatmen, Luft anhalten und auf der anderen Seite wiederholen.