Stellen Sie sich vor, sie haben gerade in eine saure Zitrone gebissen. Danach lösen Sie langsam und gleichmäßig wieder die Spannung. Anschließend konzentrieren Sie sich auf ihre Entspannungsgefühle. Loslassen und entspannen ist das Motto der Progressiven Muskelentspannung nach Jacobson, die auch progressive Muskelrelaxation genannt wird.
Muskeln angespannt und entlastet
Bei der Entspannungsmethode werden gezielt Muskeln angespannt und entlastet. Dadurch kann ein tiefer Erholungszustand und ein positiver Einfluss auf organische und psychische Erkrankungen erreicht werden. Mit der Zeit lernen die Anwender, muskuläre Entspannung herbeizuführen, wann immer sie das möchten.
Entwickelt wurde die progressive (= fortschreitende) Muskelentspannung, oft auch als Muskelrelaxation bezeichnet, durch den amerikanischen Arzt Edmund Jacobson in den dreißiger Jahren des letzten Jahrtausends. Etwa dreißig Jahre später kam seine Entspannungsmethode nach Deutschland. Mittlerweile erfreut die Methode wachsender Beliebtheit, da sie meist einfacher als andere Entspannungsmethoden, wie beispielsweise das Autogene Training, erlernbar ist.
Jacobson fand in seinen Studien heraus, dass innere Spannungszustände wie Angst und Stress zu einer Anspannung der willkürlichen Muskulatur des Bewegungsapparats sowie der unwillkürlichen Muskulatur innerer Organe führen. Da jede Muskelanspannung Energie verbraucht, kann durch Herabsetzung der Muskelspannung die Gesundheit und das allgemeine Wohlbefinden des Menschen positiv mit der eingesparten Energie beeinflusst werden.
Ganzheitliches Verfahren
Die progressive Muskelentspannung ist ein ganzheitliches Verfahren mit Wirkung auf Körper, Geist und Seele. Neben der beruhigenden Wirkung verringert es auch Blutdruck, Puls- und Atemfrequenz. Die Entspannungsmethode wird häufig bei psychischen Störungen (Ängsten, Depressionen) und bei Stress und Schlafstörungen eingesetzt. Des Weiteren behandelt man damit körperliche Beschwerden wie Verspannungen, aber auch Magen-Darm-Erkrankungen, Schmerzen oder einen hohen Blutdruck. Gegenanzeigen gibt es für die progressive Muskelentspannung kaum. Bei speziellen psychischen Erkrankungen, Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes sowie bei Herzschwäche sollte diese Therapie aber unterlassen werden.
Insgesamt 16 Muskelgruppen sind für die progressive Muskelentspannung nach Jacobson von Bedeutung. Eine einzelne Muskelpartie wird kräftig angespannt. Die Spannung wird für ca. sieben Sekunden gehalten und bewusst gefühlt. Danach wird die Spannung wieder gelöst. Nach 20 Sekunden wird die Übung wiederholt und nach 40 Sekunden Entspannung geht man zur nächsten Muskelgruppe über. Bei jeder Übung hält man die Spannung und entspannt dann wieder ganz bewusst. So kommt es zum aktiven Wahrnehmen von allen Spannungszuständen. Durch die progressive Muskelentspannung ergibt sich eher ein langfristiger Effekt als eine Sofortwirkung.
Die Progressive Muskelentspannung kann man unter fast allen Bedingungen einsetzen. Sei es in Angst- oder Stresssituationen oder abends vor den Einschlafen. Die Methode wird anfangs am besten unter Aufsicht eines Therapeuten durchgeführt. Danach kann es auch problemlos alleine angewendet werden. Die progressive Muskelentspannung kann in Volkshochschulkursen erlernt werden. Für das Selbststudium gibt es eine Vielzahl von Entspannungsbüchern und DVDs.
Grundübung
- Setzen Sie sich bequem auf einen Stuhl und lehnen Sie Ihren Rücken an.
- Stellen Sie beide Füße fest auf den Boden. Die Hände liegen locker auf den Oberschenkeln.
- Schließen Sie Ihre Augen.
- Atmen Sie ruhig ein und aus und beobachten Sie, wie sich Ihre Bauchdecke beim Einatmen hebt und beim Ausatmen wieder senkt.
- Nun ballen Sie die rechte Hand zur Faust. Atmen Sie auch beim Anspannen der Muskeln ruhig weiter.
- Halten Sie die Anspannung für fünf bis zehn Sekunden.
- Mit dem Ausatmen lösen Sie die Spannung. Öffnen Sie die Faust und lassen Sie die Hand und den Arm etwa 30 Sekunden ruhig liegen. Achten Sie auf den Unterschied zwischen der Anspannung vorher und der jetzigen Entspannung.
- Setzen Sie die Übung mit dem linken Arm und Hand fort.